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2. Lippisches Bauforum zum Thema Nachhaltigkeit

Die Zukunft des Bauens – innovativ, qualitativ, energetisch

Energieeffizienz als Planeraufgabe

Unter dem Motto „Die Zukunft des Bauens – innovativ, qualitativ, energetisch“ fand am 11. Oktober 2007 das 2. Lippische Bauforum in Detmold statt. Die Firma SCHOMBURG, Detmold, hatte Architekten und Planer eingeladen, um mit namhaften Referenten nicht nur über den Klimaschutz zu reden und zu diskutieren, sondern beispielhaft die Aufgaben und Herausforderungen zur energetischen Sanierung aufzuzeigen.

Rund 80 Architekten und Planer folgten der hochkarätigen Veranstaltung, die ein wesentliches Ziel verfolgte: Unsere gebaute Umwelt energetisch so zu optimieren, dass die CO2-Emissionen reduziert, Ressourcen geschont und innovative Technologien gefördert werden. Denn viele Gebäude, in denen wir leben, tragen in nicht unerheblichem Maße zum Klimawandel bei. Schlecht gedämmte Wände und Dächer, undichte Fenster und alte Heizungsanlagen verstärken den Treibhauseffekt. Fast 20% der CO2-Emissionen in Deutschland entstehen durch Wohnhäuser und öffentliche Gebäude, mehr als durch den Autoverkehr.

Unter diesen Vorzeichen referierte Prof. Dr.-Ing. Gerd Hauser, Institutsleiter des Fraunhofer-Institutes für Bauphysik in Stuttgart, zum Thema „Die Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebereich – der wesentliche Schlüssel zur Lösung unserer Energieprobleme“. Prof. Dr. Hauser gilt als „Vater der Wärmeschutzverordnung“ und der jetzigen Energieeinsparverordnung (EnEV), die nicht zuletzt auch zu dem Energieausweis führte. Sein Plädoyer gilt den so genannten Plus-Energie-Häusern bzw. den Passivhäusern, aber auch solchen, die als kleine „Kraftwerke“ wirken können, d.h. Häuser, die nicht nur Energie verbrauchen, sondern auch Energie erzeugen. „Dafür aber muss das Bewusstsein, das Verhalten von Nutzern sich ändern, muss eine Bewusstseinschaffung hergestellt werden und muss die Darstellung des Nutzereinflusses auf die Energieeinsparung gelegt werden. Hier kommt vor allem Architekten und Planern eine besondere Rolle zu“, so Prof. Dr. Hauser.

Herr Norbert Müller, Geschäftsführer der Bielefelder gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft hat mit seinem Thema „Sanierung im Bestand – Kernaufgabe für die Zukunft der Immobilienwirtschaft“ seinen inhaltlichen Schwerpunkt auf die Qualitäts- und Leistungskriterien bei der Planung und Ausführung gelegtSehr praxisnah wurde deutlich, welche unterschiedlichen Schwierigkeiten die Wohnungsgesellschaft im Hinblick auf ihren Gebäudebestand hat. Das betrifft sowohl Maßnahmen zur Erreichung des so genannten 3-Liter-Standards wie aber auch Qualitäts- und Leistungskriterien für Bau- und Handwerksbetriebe als Auftragsnehmer der Wohnungsgesellschaft. Nur unter diesen Aspekten und gestellten Anforderungen ist es der Wohnungsbaugesellschaft möglich, sich einerseits mit ihrem Angebot am Markt zu behaupten und besondere „USPs“ herauszuarbeiten. Die heißen, vorrangig hohe Qualität des Wohnungsangebotes anzubieten bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit.

Herr Dipl.-Ing. Jürgen Gänßmantel, freiberuflich tätiger beratender Ingenieur, hat in seinem Vortrag „Energetische Modernisierung - Bauphysikalische Aspekte einer nachträglichen Innendämmung von Außenwänden“ deutlich gemacht, wie wichtig es ist, eine nachhaltige, energieeffiziente Gebäudesanierung zu realisieren. Gerade bei Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen oder als Fachwerk ausgebildet sind, ist eine Außendämmung in der Regel nicht möglich, so dass dann eine Innendämmung erfolgen muss. Dabei sind vor allen Dingen Anschlüsse mit äußerster Sorgfalt auszuführen. „Energieeffizienz bezieht sich aber nicht nur auf die Wärmedämmung, sondern auf das gesamte Gebäude und ist damit ein gesamtheitliches Instrument, um Energie einzusparen“, so Jürgen Gänßmantel.

Prof. Dr. Karsten Tichelmann vom Institut für Trocken- und Leichtbau, Darmstadt, zeigte als kreativer Tragwerksplaner auf, wie mit vermeintlich einfachen logischen Mitteln wunderbare alte Bausubstanz neuen funktionalen wie aber auch bauphysikalischen Anforderungen angepasst werden kann.
Beispielhafte Gebäude aus den 60er und 70er Jahren wie Mehrfamilienhäuser, Studentenwohnheim und Verwaltungsbauten bis hin zu Einfamilienhäusern im Passivhausstandard sind zusammen mit Architekten und dem Büro von Prof. Tichelmann energetisch saniert worden. In diesem Vortrag wurde deutlich wie wichtig es ist, das Bauen als integralen Prozess zu betrachten, um die Kompetenz aller Beteiligten für die gestellte Aufgabe optimal zu nutzen.

Prof. Dr.-Ing. Enno Schneider, Architekt und Dekan der Fachhochschule Lippe und Höxter in Detmold, hielt einen Vortrag zum Thema „Die Zukunft des Gebäudebestandes nach 1945“. In seinem Vortrag wurde deutlich, dass Gebäude Kulturgut und Ausdruck einer bestimmten Zeitepoche sind. Vor allem die Nachkriegsbauten galten lange Zeit als Gebäude ohne öffentliche Wertschätzung, so dass sie schnell dem Abriss zum Opfer gefallen sind. Dieses hat sich in der Zwischenzeit verändert; Gebäude werden erhalten und es wird nach Möglichkeiten gesucht, sie entsprechend umzunutzen. Auch im Sinne einer Nachhaltigkeit muss ein Erhalt geprüft werden, denn Abriss und Neubau verbrauchen evtl. ein Vielfaches an Primärenergie.

Dipl.-Ing. Architekt Stefan Plesser vom IGS Institut für Gebäude- und Solartechnik der Technischen Universität in Braunschweig hatte seinen Beitrag „EnBop – Energetische Betriebsoptimierung – Technische Betriebsführung als Schlüssel zur Energieeffizienz“ genannt. Seit den 90er Jahren steht die integrale Planung im Mittelpunkt der Bemühungen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden. Die vernetzten Gestaltungskonzepte, das Energiedesign eröffnen neue Potentiale zur Reduzierung des Energieverbrauchs, zur Verbesserung des Nutzerkomforts, zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit von Immobilien. Gleichzeitig erfordert die zunehmende Komplexität der Gebäude eine deutlich verbesserte Qualität in der Umsetzung, und dieses nicht nur bei der Errichtung, sondern insbesondere im Betrieb von Gebäuden. „Es ist nicht immer nur die tolle Idee, die ein ökologisches Gebäude ausmacht, es muss hinterfragt werden, wie wird es betrieben und was waren die Ziele, ökologisch zu bauen? Letztendlich bleibt es dann doch leider bei den Lippenbekenntnissen - Theorie und Praxis sind oftmals sehr weit voneinander entfernt“, so Stefan Plesser.

Energieeffizienz im Gebäudebestand haben die Referenten an diesem Tag mit allen Anforderungen, Möglichkeiten und Chancen verdeutlicht. Dabei zog sich ein weiteres Thema wie ein roter Faden durch alle Vorträge: Bauen als Prozess - das heißt, hohe Qualität in Planung, Ausführung und Betreiben.In Zukunft muss nicht nur integral geplant, sondern der gesamte Lebenszyklus von der Analyse der individuellen Rahmenbedingungen eines Gebäudes bis hin zur Betriebsführung optimal gestaltet werden. Und nicht zuletzt kommt es mit Blick auf die Baukultur darauf an, die energetische Sanierung auch als architektonische Aufgabe zu sehen. In diesem Sinne wurde für alle teilnehmenden Planer und Architekten auf dem „Lippischen Bauforum“ ein deutliches Bewusstsein für ein nachhaltiges Bauen geschaffen.

Im Rahmen einer begleitenden Ausstellung gab es für die Teilnehmer die Möglichkeit sich über praktische Anwendungsmöglichkeiten zur energetischen Sanierung zu informieren.